Vergleichsverfahren in Kartellfällen05/08/08 / cata_european-union-news

Durch die Verordnung der Kommission Nr. 622/2008 vom 30. 6. 2008 (Amtsblatt L 171), durch die die Verordnung Nr. 773/2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission geändert wird, wird ein neuer Vergleichsvorgang eingeführt, der in Fällen anwendbar ist, in denen die Parteien bereit sind, ihre Teilnahme am Kartell einzuräumen und die sich daraus ergebende Verantwortung zu übernehmen.

Ein solcher Vorgang kann insbesondere dann praktisch sein, wenn der Kommission in der betreffenden Sache Beweise vorliegen, und die Parteien werden die beabsichtigten Schlussfolgerungen der Kommission einschl. der Höhe der möglichen Geldbusse voraussehen können. Die Kommission als Untersuchungsorgan verhandelt zwar nicht über die Frage des Rechtsverstoßes und der entsprechenden Sanktion für eine solche Handlung, kann jedoch die Zusammenarbeit an einer beschleunigten Erledigung des Falles mit einer Ermäßigung der Geldbuße um 10 % belohnen (Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Artikel 7 und Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates in Kartellfällen vom 2. 7. 2008, Amtsblatt C167). Dieses vereinfachte Verfahren bezweckt nämlich insbesondere eine schnellere und wirksamere Beilegung von Kartellfällen. Die Belohnung kann kumulativ mit der Kronzeugenbelohnung erteilt werden, sofern auch Bedingungen des Antrags auf Kronzeugenbehandlung erfüllt sind (Amtsblatt C 298, 8. 12. 2006). Auf den Vergleich besteht kein Anspruch; die Auswahl der für die Prüfung der Interessen der Parteien am Vergleich geeigneten Fälle liegt in der Kompetenz der Kommission, genauso wie die Beendigung der Vergleichsverhandlungen jederzeit im Laufe des Verfahrens, egal ob ganz oder nur mit einer der Parteien. Selbstverständlich kann den Parteien dieser Vorgang nicht auferlegt werden, sondern dem Verfahren muss stets die Stellung eines schriftlichen Vergleichsantrags vorgehen. In diesem spezifischen Prozess, der eine klare und eindeutige Anerkennung der Verantwortlichkeit für die rechtswidrige Handlung voraussetzt, haben die betroffenen Unternehmen das Recht auf Äußerung ihrer Stellungnahmen hinsichtlich der Wahrhaftigkeit und Relevanz der von der Kommission vorgelegten Beweise, Einwände und weiterer Tatsachen. Genauso bleibt auch nach dem geschlossenen Vergleich das Recht auf Berufung beim erstinstanzlichen Gericht erhalten.