Niederlassungsfreiheit; grenzüberschreitende Sitzverlegung der Gesellschaft09/04/09 / cata_european-union-news

Entscheidung des EuGH vom 16.12.2008 i.S. C-210/06 Cartesio Oktató és Szolgáltató Bt

In dieser Sache befasste sich der Europäische Gerichtshof mit einem der Fälle der Sitzverlegung einer Handelsgesellschaft in einen anderen Mitgliedsstaat.

Die Kommanditgesellschaft Cartesio, die nach ungarischem Recht gegründet wurde und ihren Sitz in Ungarn hat, stellte beim Registergericht einen Antrag auf Eintragung der Verlegung ihres Sitzes nach Italien. Das Registergericht lehnte diesen Antrag ab, mit der Maßgabe, dass das ungarische Recht nicht erlaube, dass eine hier gegründete Handelsgesellschaft ihren Sitz ins Ausland verlegt und sich weiterhin nach ungarischem Recht als ihrem Personalstatut richtet.

In dem vorliegenden Falle ging es u.a. um die Frage, ob sich eine ungarische Gesellschaft im Zusammenhang mit ihrer Sitzverlegung auf die Artikel 43 und 48 des EG-Vertrages berufen kann, die die Niederlassungsfreiheit und den freien Personenverkehr garantieren.

Der EuGH ging in seinem Urteil davon aus, dass die Rechtsgrundlage der Gesellschaften von nationalen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten ausgeht, auf deren Grundlage diese Gesellschaften entstehen, fungieren und erlöschen.

Er hält fest, dass die Unterschiede in den innerstaatlichen Rechtsregelungen nicht durch Regeln beigelegt wurden, nach denen sich die Niederlassungsfreiheit richtet; dieses Problem muss zuerst legislativ durch eine entsprechende Regelung gelöst werden. Da es derzeit keine klaren und einheitlichen europäischen Normen gibt, die die Situation in diesem Falle regeln würden, besteht die Interpretation der Niederlassungsfreiheit in diesem Bereich in den nationalen Rechtssystemen.

Der Europäische Gerichtshof entschied daher, dass unter dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechtes die Artikel 43 und 48 des EG-Vertrages so auszulegen sind, dass sie nicht im Widerspruch zu der nationalen Rechtsregelung des Mitgliedstaates stehen, die einer nach dem Recht dieses Staates gegründeten Gesellschaft nicht erlaubt, ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen und gleichzeitig weiterhin als eine Gesellschaft betrachtet zu werden, die sich nach dem innerstaatlichen Recht des Mietgliedstaates richtet, nach dessen Rechtsregelung sie gegründet wurde.

Andererseits betonte der EuGH in seinem Urteil, dass dieser Fall von Situationen zu unterscheiden ist, in denen sich die Gesellschaften zur Verlegung ihres Sitzes in einen anderen Mitgliedstaat entscheiden und sich gleichzeitig nach dem Recht des Staates, in den sie ihren Sitz verlegen, rechtlich umwandelen. In diesem zweiten Falle haben die Mitgliedstaaten kein Recht, die Gesellschaften an ihren Sitzverlegungen zu hindern.

Bei seiner Sitzung in März hat in diesem Zusammenhang das Europäische Parlament einen Beschluss gefasst, durch den die Europäische Kommission aufgefordert wurde, die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die derzeitige europäische Gesetzgebung sowie die geplante Verordnung über die Europäische private Gesellschaft zu beurteilen.