Liberalisierung der Energiemärkte in zweiter Lesung09/04/09 / cata_european-union-news

Eines der ersten durch die tschechische EU-Präsidentschaft veranstalteten Treffen war die Sitzung des Rates für Verkehr, Telekommunikationen und Energetik, bei dem der gemeinsame Ansatz zu dem energetischen Liberalisierungspaket abschließend behandelt wurde. Erwartungsgemäß identifizierte sich der Rat nicht mit den meisten der Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments, die in der ersten Lesung im Vorjahr verabschiedet wurden. Zu den strittigsten Fragen gehört auch weiterhin das sog. Unbundling, die Trennung der Liefer- und Produktionstätigkeiten vom Betrieb der Übertragungssysteme, die alle Gas- und Stromproduzenten in der EU betrifft.

In den überarbeiteten Texten der Richtlinien führt der Rat drei Varianten des Unbundlings an, die sich voneinander mit der Stufe der durchgeführten Trennung unterscheiden. Die Ressortminister versuchen die mildeste davon durchzusetzen. Gleichzeitig betonen sie die erforderliche Transparenz der verabschiedeten Normen sowie den Ausschluss jeglicher Diskriminierung. Das Europäische Parlament beharrte dagegen in der ersten Lesung an einer vollständigen Trennung des Eigentums.

Eine weitere strittige Angelegenheit stellt die sog. Gazprom-Klausel dar, die die Behandlung von Ländern außerhalb der EU betrifft, welche nach dem Eintritt in den europäischen Energiemarkt streben. Die Minister einigten sich auf einem Zertifizierungssystem, das in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten und deren Regulierungsbehörden fallen wird. Wie bereits bekannt, sollte diese wichtige Kompetenz dem ursprünglichen Entwurf der Kommission nach der Regulierungsagentur ACER anvertraut werden oder eventuell bei der Kommission verbleiben; hiermit erklärte sich auch das Parlament einverstanden.

Der Entwurf zur Schaffung der Agentur ACER als einer multinationalen Regulierungsbehörde wird von Differenzen begleitet, erstens was den Umfang der Befugnisse dieser Behörde und zweitens was die Verteilung der Stimmrechte unter die einzelnen Mitgliedsstaaten betrifft. Der gemeinsame Ansatz des Rates geht von einer gleichmäßigen Verteilung aus, d.h. jeder Mitgliedsstaat sollte ungeachtet seiner Größe jeweils 1 Stimme haben.

Die Liberalisierung der Energetik wird also erneut von den Abgeordneten des Europäischen Parlaments behandelt, voraussichtlich bei der Sitzung in Mai. Angesichts der bisherigen Differenzen kann jedoch die Einigung auf das Energiepaket in der jetzigen Fassung in der zweiten Lesung nicht als sicher bezeichnet werden.